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Tastsack

Heute will ich Ihnen eigentlich mehr eine Spiel- als eine Bastelidee vorstellen, bei der Sie und Ihr Kind aber als Spielvorbereitung eine Menge Teilchen zusammen tragen müssen.

Sie beginnen mit einem elastischen „Sack“, zum Beispiel einen Schuhbeutel! Als nächstes brauchen Sie eine Tüte (500g) getrockneter Kirschkerne oder Bohnen; die füllen Sie in den Sack. Und jetzt können Sie gemeinsam mit Ihrem Kind kleine Gegenstände aus der  Spielzeugkiste suchen z.B. Murmeln, Knöpfe, Gogos, Spielzeugautos, Spielfiguren, usw. Hauptsache klein, unzerbrechlich und ohne scharfe Kanten… Alle diese Sachen kommen jetzt rein in den Tastsack.

Jetzt können Sie mit dem Spielen anfangen. Ich werde Ihnen meine beliebtesten Spielvarianten vorstellen, zu zweit, zu mehreren, mit kleinen oder größeren Kindern, mit Sprache oder Bildkarten, als Tastmemory (mit zwei Säcken).

Spielaufgabe ist es, einen bestimmten Gegenstand aus dem Tastsack zu fischen, zum Beispiel: „Such mir bitte die Münze heraus!“ Je kleiner die Gegenstände sind, je glatter und weniger geformt, umso schwieriger ist die Aufgabe: Eine kleine Münze ist also schwerer zu ertasten als eine große, und eine Murmel schwerer als ein Polizeiauto. Schwierig wird es dann wieder, wenn Sie aus vielen ähnlichen Gegenständen das Richtige herausfinden sollen: Polizeiauto oder Feuerwehrauto? Plastiklöwe oder Plastikaffe?

Die Bohnen und die anderen Gegenstände im Sack sind als Verwirrung gedacht, es geht ja gerade darum, es den Kindern nicht zu leicht machen!

Ich verrate ich Ihnen noch, wie Sie das Spiel komplexer machen können. Zum Beispiel können Sie eine Sprachaufgabe einbauen: „Ich möchte das Ding haben, mit dem  ich beim Einkaufen bezahle!“ „Kannst du mir bitte das Ding geben, womit ich meine Bluse zumache?“ Sie können auch die Oberfläche beschreiben: „Ich möchte ein ganz kleines, rundes, glattes Ding haben“. Wenn Sie das Spiel umdrehen und das Kind beschreiben lassen, wird es wohl eher die Funktion beschreiben, weil das leichter ist.

Andere Spielidee: Tastmemory. Machen Sie zwei Säcke voll mit identischen kleinen Gegenständen. Lassen Sie von Ihrem Kind die gleichen Gegenstände ertasten, mit der rechten und der linken Hand. Kleine Kinder können das noch nicht gleichzeitig, die ertasten die Gegenstände dann nach einander, erst mit rechts und dann mit links.

Ich glaube, die Spielidee ist jetzt klar geworden und auch, dass das Abwandeln zum Spiel gehört und es Ihnen ermöglicht, aus einem ganz einfachen Spiel ein komplexes zu machen, das sogar ältere Schulkinder gerne spielen.

Und hier bekommen Sie von mir auch noch meinen theoretischen Kommentar zu dem, was das Kind auf diese Weise lernt. Bei diesem Spiel geht es -neben dem reinen Tasten- um zwei elementare Lernerfahrungen: das sogenannte intermodale Lernen und die Figur-Grund-Wahrnehmung.

Intermodales Lernen bedeutet hier nichts anderes als ganzheitliches Lernen, das gleichzeitige Hin- und Herschalten von verschiedenen Sinneswahrnehmungen (Modi). Wenn das Kind einen Gegenstand tastet, dann hat es gleichzeitig ein Bild von diesem Gegenstand, ein Wort und eine Idee von seiner Funktion (natürlich abhängig von seinem Alter). Das intermodale Lernen hilft Kindern dabei, Dinge komplex zu erfassen, die verschiedenen Sinnesmodi unterstützen sich dabei gegenseitig und machen das Lernen damit „nachhaltiger“. Pädagogisch gesprochen entwickeln wir eine Objektkonstanz.

Die zweite Lernerfahrung ist eine Form der Wahrnehmungslenkung und heißt: Figur-Grund-Wahrnehmung. Das bedeutet die Fähigkeit, Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden, das Wichtige herauszufiltern, das Unwichtige außer acht zu lassen. Viele Kinder und Erwachsenen haben damit Probleme, sie sind dann leicht ablenkbar, unruhig, sprunghaft. Damit wird vielleicht klar, wie wichtig gerade diese Funktion für das Lernen ist.

Vom Tasten habe ich jetzt noch gar nichts gesagt, weil es eigentlich so selbstverständlich ist. Aber die Tastempfindung ist neben der Fingerbeweglichkeit und -kraft die wichtigste Voraussetzung für eine gute Feinmotorik, und deshalb ist es wichtig und wird von uns Ergotherapeut/innen immer wieder gefordert, dass Sie möglichst viele Finger-, Bastel-, Sand-, Matsche- und Tastspiele gerade auch mit kleinen Kindern machen! Und am besten ist, dass Spiele wie dieses, den Kindern immer wieder Spaß machen.

Hier noch mal in Kürze:

Material: „Tastsack“ aus Baumwolle, eine Tüte getrocknete Bohnen und Murmeln, Steine, Münzen, Knöpfe, Gogos, Legosteine, Autos…

Spielalter: zwei bis zehn Jahre

Spieldauer: 10 min, mit mehreren Kindern länger

Förderschwerpunkt: Tastwahrnehmung, Objektkonstanz und Figur-Grund-Wahrnehmung, intermodales Lernen

 

Rosa Malaspina

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